Ortsverband Weende

Frühlingsgefühle

Auf einmal sind sie wieder da: diese Gefühle, die zeigen, dass man noch lebendig ist.
Die Schmetterlinge im Bauch flattern aufgeregt hin und her, die Sonne lockt nach draußen und kribbelt auf der Haut. Die würzige Frühlingsluft will tief eingeatmet und werden und die letzte Frühjahrsmüdigkeit wird durch ausgiebiges Dehnen, Strecken und Gähnen vertrieben. Das Grau des Winters weicht den unermesslichen Farben des Frühlings – sowohl innen als auch außen. „Hurra, ich lebe wieder!“ hat mir kürzlich eine Nachbarin mit einem verschmitzten Lächeln gesagt. Und fügte hinzu: „Ich hatte allerdings gar nicht gemerkt, dass ich vorher eher tot war als lebendig…“
 
Das, was den Unterschied ausmacht, ist im Wesentlichen die stärkere Sonneneinstrahlung. Die Sonne schenkt Leben. Sie ist seit jeher ein Bild für Gott, für Jesus. So trägt die Kirche in der Osternacht das Licht der Osterkerze in die dunkle Kirche „Lumen Christi“ – das Licht Jesu Christi. Die Kirchen sind nach Osten ausgerichtet, weil von dort die wahre Sonne, das wahre Licht kommt, das das Dunkel und den Tod eines jeden Menschen erleuchten werden. Voller Sehnsucht warten wir Menschen auf Gott, der uns das Leben schenkt, wie wir uns im Winter nach der Sonne, die neues Leben schenken wird, sehnen.
 
Wie sich Jesus damals nach seiner Auferstehung gefühlt hat, wird eigentlich nirgendwo berichtet, aber ich kann mir vorstellen, dass es ihm ganz ähnlich ging. Nach seinem gewaltvollen Tod ist ihm neues Leben geschenkt worden.
 
Es gibt zweierlei Tod: die kleinen Tode schon jetzt im Leben, wenn z.B. eine Freundschaft beendet wird, wenn ein Mensch stirbt, der mir nahe ist; und es gibt natürlich den leiblichen Tod, der unweigerlich auf jedeN einzelneN von uns zukommt.
Bei beiden Arten des Todes hilft es, sich von der Sonne des Lebens bescheinen zu lassen. Sich in sein Licht zu stellen. Neues Leben geschenkt zu bekommen. Das ist nichts, was ich aus mir machen kann, das ist nichts, was ich mir verdienen könnte. Das ist Geschenk. Entscheidend aber ist wohl eine Offenheit für das Licht der Welt.
 
In diesem Sinne grüße ich Sie herzlich zu Ostern!
Annette Stechmann